Diese Frage stellt sich vermutlich jeder, der sich selbstständig machen möchte: Was ist meine Arbeit wert? Einerseits sollen die Kunden nicht mit einem zu hohen Preis abgeschreckt werden, andererseits will man sich nicht unter Wert verkaufen. Wir zeigen, wie Freelancer realistisch rechnen, welche Faktoren sie bei der Kalkulation beachten müssen und stellen einen kostenlosen Stundensatzkalkulator zur Verfügung.
Inhalt des Artikels:
- Was verdient ein Freelancer?
- Stundensatz in D-A-CH
- Kostenloser Stundensatzrechner
- Einflussfaktoren
- Branchenübliche Stundensätze
- Wie berechnet man den Stundensatz?
- Versicherungskosten
- Steuern
- Kalkulation mit Excel-Vorlage
- Preis pro Projekt
- Umsatz und Gewinn
- Fazit
Was verdient ein Freelancer?
Der durchschnittliche Stundensatz eines Freelancers beträgt 96,24 Euro. Ermittelt man mit diesen Werten den Tagessatz, hat ein Selbstständiger etwa einen Verdienst von 770 Euro – auf acht Arbeitsstunden gerechnet. Studien zeigen, dass Freiberufler aus dem D-A-CH-Raum ein Monatseinkommen von etwa 6.178 Euro netto (Umsatzsteuer ausgeschlossen) erhalten.

Durchschnittlicher Stundensatz in D-A-CH
Land | Ø-Stundensatz |
Deutschland | 95 € |
Österreich | 98 € |
Schweiz | 132 € |
D-A-CH | 96 € |
Kostenloser Stundensatzrechner
Doch lieber mit Hilfe von Tabellen berechnen? Hier ist die kostenlosen Excel-Vorlage.
Einflussfaktoren
Wer sich über übliche Honorare informiert und bei anderen Freelancern (also der Konkurrenz) schaut, sollte beachten, dass sich weitere Faktoren, wie Alter, Arbeitsort, Bildungsabschluss oder auch Berufserfahrung auf den von Ihnen veranschlagten Preis pro Stunde auswirken.

Beispiel:
Mit zunehmendem Alter können Freelancer einen höheren Stundensatz verlangen, so verdient ein Selbstständiger unter 35 Jahren durchschnittlich 83 Euro und freie Experten von 35 bis 45 Jahren 96 Euro pro Stunde. Freischaffende über 45 Jahren kommen auf gut 99 Euro – denn mit dem Alter steigt auch die Berufserfahrung (Quelle: Freelancer-Kompass).
Alter | Stundensatz |
< 35 Jahre | 83 Euro |
35 – 45 Jahre | 96 Euro |
> 45 Jahre | 99 Euro |
Branchenübliche Stundensätze
Bei der Marktanalyse und Kalkulation macht es durchaus Sinn, die Stundensätze anderer Freelancer aus dem gleichen Fachbereich zu kennen. Durchschnitts-Stundensätze aus der Praxis finden sich beispielsweise im Freelancer-Verzeichnis von freelancermap (Stand August 2022):
SAP | Beratung, Management | IT | Entwicklung | Ingenieurwesen | Medien |
116 € | 113 € | 92 € | 89 € | 82 € | 66 € |
Tagesaktuelle Stundensatz-Werte im Freelancer-Verzeichnis
Fachgebiet in die Suche eingeben und rechts den Preisindex ablesen (mobil runterscrollen)
Wie berechnet man den Stundensatz?
Um eine gute Verhandlungsposition gegenüber dem Kunden einnehmen zu können, sollten Freelancer strukturiert vorgehen. Die Berechnung muss alle monatlichen Kosten beinhalten – mit Trennung von privaten (z.B. Kleidung, Lebensmittel) Ausgaben und Betriebskosten, wie:
- Miete für Büroräume
- Arbeitsmaterialien
- Reisekosten
- usw.
Nicht am Gehalt von Angestellten orientieren
Auch sollte bei der Berechnung eines angemessenen Honorars davon absehen werden, sich an dem ehemaligen Gehalt zu orientieren, denn im Angestelltenverhältnis fallen andere Kosten an als in der Selbstständigkeit. Bei Unsicherheiten können sich Freiberufler bei Berufsverbänden der betreffenden Branche nach regulären Stundensätzen erkundigen.
Hinweis: Im folgenden Beispiel wurden als Grundlage der Stundensatz-Kalkulation Durchschnittswerte aus aktuellen Reporten und Studien zuverlässiger Quellen herangezogen.
Schritt 1: Auflistung der Arbeitstage
Zunächst müssen die jährlichen Arbeitstage aufgelistet werden. Auch wenn Selbstständige anfangs oft das Wochenende durcharbeiten, sollte das keine Normalität werden. Um die Arbeitstage und folglich einen angemessenen Stundensatz zu berechnen, müssen pauschale Krankheitstage, Tage für Weiterbildung und auch Urlaub eingeplant werden. Da die Anzahl dieser Tage schwanken kann, gilt hier: Besser zu viele Ausfälle einbeziehen als zu wenige.
pro Jahr | Ø Anzahl Tage |
Kalendertage | 365 |
Wochenenden | –104 |
Feiertage | –13 |
Urlaubstage | –25 |
Krankheitstage* | –12 |
Arbeitstage gesamt | 211 |
Tipp:
Um einen Überblick über das Jahr und die produktiven Tage zu bekommen, empfiehlt es sich, einen Plan aufzustellen. Hierzu notiert man alle Tage des Jahres und zieht die ab, die vermutlich nicht mit der freiberuflichen Tätigkeit verbracht werden: Feiertage, Wochenenden, Tage für Weiterbildung etc. Auch Büroarbeiten, wie das Erledigen der Steuererklärung und Buchhaltung, dürfen Freelancer nicht vernachlässigen: Einnahmen und Ausgaben sollten sie stets im Blick haben.
Schritt 2: Weiterbildung einberechnen
Laut Freelancer-Studie benötigen Freelancer durchschnittlich zwei Tage pro Monat, um sich weiterzubilden. Hochgerechnet auf ein Jahr, verbringt ein Freiberufler im Schnitt 24 Tage mit der Fortbildung. Die Zeit hierfür kann je nach Branche stark schwanken. Während Ingenieure und Berater im Schnitt 1-2 Tage pro Monat aufwenden, zeichnet sich in schnelllebigen Bereichen wie den Medien oder der IT-Branche eine Fortbildungszeit von 2-3 Tagen pro Monat ab.
pro Jahr | Ø Anzahl Tage |
Weiterbildung | – 24 Tage |
Arbeitstage gesamt | 187 |
Schritt 3: Projektakquise beachten
Die Projektakquise ist die größte Herausforderung für Freelancer. Hierfür investieren freie Experten im Schnitt zwei Tage pro Monat. Da hier mit Pauschalen gerechnet wird, sind die Ergebnisse als Richtwerte zu betrachten – Stundensätze müssen individuell erstellt und an Lebenssituationen und Einflussfaktoren angepasst werden. Freelancer, die bereits länger im Geschäft sind und sich ein gutes Netzwerk mit bestehenden Kunden aufgebaut haben, müssen weniger Akquise betreiben als Neulinge.
pro Jahr | Ø Anzahl Tage |
Projektakquise | – 24 Tage |
Arbeitstage gesamt | 163 |
Nach der obigen Berechnung bleiben 163 Tage, also rund 14 Tage pro Monat, um der tatsächlichen Projektarbeit nachzugehen. Zum Verständnis kalkulieren wir folgend einen Stundensatz mit dem durchschnittlichen Netto-Monatseinkommen eines Freelancers im D-A-CH-Raum.
Beispielrechnung:
Ø Netto-Monatsverdienst | 6.178 € |
Arbeitstage pro Monat | :14 |
Tagessatz | 441 € |
Stundensatz bei 8 Stunden pro Tag | 55 € |
Schritt 4: Auslastungsquote einkalkulieren
Um keine finanziellen Engpässe in Kauf nehmen zu müssen, ist es ratsam, eine Auslastungsquote in die Berechnung einzubeziehen. Die Ergebnisse des Freelancer-Kompass 2022 zeigen, dass freiberuflich Tätige ca. 30 % der verfügbaren Zeit nicht mit Projekten beschäftigt sind. Diese Prozentzahl muss pauschal dazugerechnet werden, um einen finanziellen Ausgleich zu schaffen.
Stundensatz bei 8 Stunden pro Tag | 55 € |
Auslastungsquote | + 30 % |
Netto-Stundensatz | 72 € |
🛈 Es empfiehlt sich, den Stundensatzkalkulator zu nutzen – dieser rechnet die Auslastungsquote automatisch mit ein.
Versicherungskosten
Freelancer, die neu im Geschäft sind, stecken oft noch im Angestellten-Denken fest. Was im festen Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber anteilig übernommen hat, muss der freie Mitarbeiter nun selbst tragen. Die Sozialversicherung besteht aus 5 Säulen. Die Beitragshöhe in der gesetzlichen Versicherung richtet sich bei Selbstständigen prozentual nach den Einkünften:
Prozentsatz | |
KV inkl. Krankengeld | 14,6 % |
KV ermäßigt | 14 % |
Zusatzbeitrag der KV | 0,3 bis 1,8 % |
Pflegeversicherung | 3,05 % |
Pflegeversicherung für Kinderlose | 3,4 % |
Arbeitslosenversicherung | 2,4 % |
Rentenversicherung | 18,6 % |
Unfallversicherung | frei wählbar |
Lediglich Kranken- & Pflegeversicherung sind für Selbstständige in Deutschland bisher verpflichtend. In alle anderen Versicherungen kann freiwillig eingezahlt werden. Freelancer haben zwei Möglichkeiten: sie können sich entweder freiwillig gesetzlich versichern lassen oder nehmen die private Krankenversicherung in Anspruch. Welches Modell für passt, können sie unter anderem mit Hilfe von Online-Tools herausfinden.
Weitere Tipps zum Thema sind in unserem Q & A zu finden: Krankenversicherung für Freelancer.
Tipp:
Mitglieder der Künstlersozialkasse (KSK) haben einen Vorteil: Die gesetzliche Sozialversicherungseinrichtung trägt 50 % der freiwillig gesetzlichen Krankenversicherung und den halben durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz. Künstler oder Publizisten sind ebenfalls über die KSK rentenversichert (Pflicht).
Steuern
Freelancer müssen, wie Angestellte auch, Steuern abführen. Die Berechnung aus selbstständiger Arbeit ist zwar etwas anders, eines ist jedoch gleich: Je mehr ein Selbstständiger aus freier Arbeit verdient, desto mehr Steuern muss er entrichten. Der Steuerbetrag hängt, sowohl bei der Einkommenssteuer als auch bei der Umsatzsteuer, von den Einnahmen ab und ist sehr individuell. Es empfiehlt sich für Freelancer, die monatliche Steuerlast abzuschätzen und genügend Geld zur Seite zu legen, um am Ende des Jahres ausreichend Rücklagen für eventuelle Steuerrückzahlungen auf der Seite liegen zu haben. Doch auch hier gelten Sonderregelungen und Verdienstgrenzen: In unserem Beitrag zum Thema Steuern zahlen: Das sollten Freelancer wissen sind weitere Informationen zu finden.
Grobe Kalkulation mit Excel (Vorlage)
Eine vereinfachte Methode zur Stundensatz-Berechnung bietet unsere kostenlose Vorlage: Einfach Werte einfügen und eine grobe Einschätzung über den Stundensatz erhalten.
Vorlage Stundensatz-Rechner

Aber Achtung: In dieser Berechnung fehlen die Rücklagen und die anfallenden Steuern. Es dient nur zur groben Einschätzung Ihrer Ausgaben, bei der viele wichtige Faktoren ausgelassen werden. Für ein genaueres, detailliertes Ergebnis ist der Stundensatz-Rechner zu empfehlen.
Alternative: Preis pro Projekt festlegen
Laut Freelancer-Studie berechnen 58 Prozent der Freischaffenden ihren Stundensatz für jedes Projekt neu. Das liegt daran, dass nicht jeder Auftrag die gleichen Anforderungen mit sich bringt. Einige Faktoren, die den Preis von Projekten beeinflussen können:
- der Umfang
- die zeitliche Eingrenzung (muss schnell fertig sein oder nimmt einen langen Zeitraum ein)
- Projekt erfordert sehr viel Expertise
- Kunde fordert Reisebereitschaft
- besondere (Sprach-)Kenntnisse sind gefragt
- Projekt muss vor Ort beim Kunden durchgeführt werden
Alle Faktoren und Möglichkeiten sollten bei jeder neuen Verhandlung und Kalkulation berücksichtigt werden. Spätestens zu Beginn eines jeden (Geschäfts-)Jahres sollte der Stundensatz neu berechnet werden.
Tipp:
Auch für freie Experten, die zu Beginn der Karriere noch nicht einschätzen können, wie lange sie für die Arbeit brauchen, bietet sich die Abrechnung über Pakete an.
Auf freelancermap Projekte finden & von Auftraggebern gefunden werden
Was ist der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn?
Selbstständige müssen wissen, was der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn ist: Der Umsatz beinhaltet alle Einnahmen, die durch Dienstleistungen oder Produkte, innerhalb eines gewissen Zeitraums (zum Beispiel eines Geschäftsjahres), erzielt wurden. Bei der Berechnung des Gewinns zieht man, im Gegensatz zum Umsatz, nicht nur die gesamten Einnahmen heran, sondern auch alle geschäftlichen Ausgaben: Gewinn = Umsatz minus (alle geschäftlichen) Kosten.
Der Gewinn muss unbedingt bei der Berechnung des Stundensatzes einbezogen werden, denn es müssen nicht nur alle laufenden Kosten gedeckt, sondern auch Geld verdient werden. Nur so können Freelancer Rücklagen bilden und ein krisenfestes Business aufbauen.
Fazit
Beim Berechnen des Stundensatzes, insbesondere zu Beginn der Karriere, muss ein Selbstständiger darauf achten, dass sie schlussendlich Gewinne erzielen. Laufende Kosten müssen gedeckt sein, Rücklagen fürs Alter gebildet und Steuern müssen abgeführt werden. Freelancer müssen dabei mutig sein, ihren Wert kennen und lernen zu argumentieren sowie zu verhandeln.
Service-Hinweis: Die verwendeten Daten dieses Artikels entstammen dem Freelancer-Kompass 2022. Die Befragung lief über einen Zeitraum von etwa 13 Wochen. In über 70 Fragen wurden 2.112 Freelancer, Freiberufler und Selbstständige zu Trends des freien Projektgeschäfts befragt.
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