Bilanz für Selbstständige – Alle Infos auf einen Blick

Die Bilanz stellt den finanziellen Zustand eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag dar. Sie bietet eine Übersicht über die Vermögenswerte, Schulden und das Eigenkapital und dient als Grundlage für zahlreiche betriebswirtschaftliche Entscheidungen. In diesem Artikel beleuchten wir, weshalb man eine Bilanz erstellen muss, wer von dieser Bilanzierungspflicht betroffen ist, welche Bestandteile hineingehören und wie eine Bilanz am Ende auszusehen hat.
Definition Bilanz
Die Bilanz ist eine tabellarische Gegenüberstellung von Aktiva (Vermögenswerten) und Passiva (Schulden und Eigenkapital) eines Unternehmens. Sie gibt Auskunft über den finanziellen Status zu einem bestimmten Zeitpunkt, meist dem Ende eines Geschäftsjahres. Die Bilanz ist ein Teil des Jahresabschlusses und gehört zu den wichtigsten Dokumenten, die Unternehmen zur gesetzlichen Berichterstattung erstellen müssen.
Bilanzierungspflicht: Wer muss eine Bilanz erstellen?
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Die Bilanzierungspflicht ist die gesetzliche Verpflichtung, eine Bilanz zu erstellen. Diese Pflicht ist im Handelsgesetzbuch (HGB) und in der Abgabenordnung (AO) festgelegt. Unternehmen, die der Bilanzierungspflicht unterliegen, müssen regelmäßig eine Bilanz aufstellen, die den finanziellen Zustand des Unternehmens zum Ende eines Geschäftsjahres widerspiegelt.
Folgende Gruppen sind zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet:
- Kaufleute nach Handelsrecht: Nach § 238 HGB sind alle Kaufleute verpflichtet, Bücher zu führen und eine Bilanz zu erstellen. Dies betrifft Einzelkaufleute, die im Handelsregister eingetragen sind, sowie Personengesellschaften wie offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG).
- Kapitalgesellschaften: Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaften (AG) und andere Kapitalgesellschaften müssen zwingend eine Bilanz aufstellen, unabhängig von ihrer Größe. Das ergibt sich aus § 242 HGB.
- Genossenschaften und Stiftungen: Diese Organisationsformen sind ebenfalls zur Bilanzierung verpflichtet, da sie als juristische Personen gelten und somit ähnliche Pflichten wie Kapitalgesellschaften haben.
- Einzelkaufleute: Einzelkaufleute, die bestimmte Umsatz- oder Gewinngrenzen überschreiten, sind ebenfalls zur Bilanzierung verpflichtet. Laut § 241a HGB entfällt die Pflicht zur Bilanzierung jedoch, wenn der Jahresumsatz 800.000 € und der Jahresgewinn 80.000 € nicht übersteigt.
- Kleingewerbetreibende: Wenn Kleinunternehmer unterhalb der oben genannten Schwellenwerte liegen, müssen sie keine Bilanz erstellen, sondern können eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) vornehmen.
- Freiberufler: Freiberufler, wie Ärzte, Anwälte oder Steuerberater, sind gemäß § 18 EStG von der Bilanzierungspflicht ausgenommen. Sie müssen keine Bilanz erstellen, sondern führen eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR).
Unterschied zwischen Bilanz und GuV
Sowohl die Bilanz als auch die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) gehören zum Jahresabschluss eines Unternehmens. Beide Rechnungen erfüllen jedoch unterschiedliche Funktionen. Während die Bilanz den Zustand des Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag zeigt, stellt die GuV die Erträge und Aufwendungen eines Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum dar.
Einfach ausgedrückt, zeigt die Bilanz, was das Unternehmen besitzt und schuldet, während die GuV zeigt, wie das Unternehmen während des Geschäftsjahres gewirtschaftet hat. Nachfolgend gehen wir noch genauer auf die einzelnen Funktionen der Bilanzierung ein:
Diese Funktionen erfüllt eine Bilanz
Informationsfunktion
Die Bilanz bietet eine umfassende Übersicht über die finanzielle Situation eines Unternehmens und stellt die Basis für wirtschaftliche Entscheidungen dar.
Rechenschaftsfunktion
Dank der Bilanz kann man gegenüber seinen Stakeholdern Rechenschaft ablegen, denn sie zeigt, wie das Kapital eingesetzt und welches Ergebnis damit erzielt wurde.
Sicherungsfunktion
Durch die Darstellung des Eigen- und Fremdkapitals zeigt die Bilanz, in welchem Maße das Unternehmen durch eigenes Kapital finanziert ist und inwieweit es von Fremdkapitalgebern abhängig ist.
Kontrollfunktion
Sie ermöglicht es, die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Unternehmens zu überwachen, indem sie den Vergleich von Bilanzpositionen über verschiedene Zeiträume hinweg erlaubt.
Eröffnungsbilanz und Schlussbilanz
Im Rahmen der Bilanzierung gibt es zwei wichtige Formen der Bilanz: die Eröffnungsbilanz und die Schlussbilanz.
- Eröffnungsbilanz: Die Eröffnungsbilanz ist die erste Bilanz, die ein Unternehmen aufstellt. Sie zeigt den Bestand an Vermögenswerten und Schulden zu Beginn eines Geschäftsjahres oder bei Gründung des Unternehmens. Sie bildet die Basis für die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens im laufenden Jahr. Die Eröffnungsbilanz leitet sich aus der Schlussbilanz des Vorjahres ab und muss gemäß § 242 Abs. 1 HGB zum Beginn eines Geschäftsjahres aufgestellt werden.
- Schlussbilanz: Die Schlussbilanz ist die Bilanz, die am Ende eines Geschäftsjahres erstellt wird. Sie gibt den finanziellen Stand des Unternehmens zum Stichtag des Geschäftsjahresabschlusses wieder und dient als Grundlage für die Ermittlung des Unternehmensergebnisses (Gewinn oder Verlust). Die Schlussbilanz eines Geschäftsjahres wird zur Eröffnungsbilanz des folgenden Jahres. Diese Bilanz zeigt die Entwicklungen und Veränderungen im Laufe des Geschäftsjahres und ist maßgeblich für die weitere Planung und strategische Entscheidungen im Unternehmen.
Wie erstellt man eine Bilanz?
Bevor man eine Bilanz erstellt, sollte man einige Dinge berücksichtigen. Dazu gehört zum Beispiel das Wissen darüber, aus welchen Bestandteilen eine Bilanz besteht. Darüber hinaus muss man einige Schritte für die Erstellung unternehmen.
Bestandteile einer Bilanz
Eine Bilanz besteht aus zwei Hauptteilen: Aktiva und Passiva.
Aktiva
Auf der Aktivseite der Bilanz werden alle Vermögenswerte eines Unternehmens aufgeführt. Diese unterteilen sich in:
- Anlagevermögen: Langfristige Vermögensgegenstände wie Immobilien, Maschinen oder Patente.
- Umlaufvermögen: Kurzfristige Vermögenswerte wie Vorräte, Forderungen oder Bankguthaben.
Passiva
Die Passivseite gibt Auskunft über die Herkunft des Kapitals, das zur Finanzierung der Vermögenswerte genutzt wird. Sie unterteilt sich in:
- Eigenkapital: Das Eigenkapital stellt das Kapital dar, das den Eigentümern des Unternehmens gehört. Es setzt sich zusammen aus dem Grundkapital, den Rücklagen und dem Jahresüberschuss.
- Fremdkapital: Fremdkapital umfasst alle Schulden und Verbindlichkeiten, die ein Unternehmen gegenüber Dritten hat. Dazu gehören Darlehen, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige Schulden.
Die Grundregel einer Bilanz ist, dass die Summe der Aktiva immer der Summe der Passiva entsprechen muss, was als Bilanzgleichung bezeichnet wird: Aktiva = Passiva.
Schritt für Schritt zur Bilanzierung
1. Bestandsaufnahme
Im ersten Schritt wird eine Inventur durchgeführt. Hierbei legt man einen sogenannten Stichtag fest – meist der 31.12. – und ermittelt durch Zählen, Messen oder Wiegen den Waren- und Vermögensbestand am festgelegten Stichtag. Es gibt unterschiedliche Methoden, die je nach Art des Unternehmens und den vorhandenen Vermögenswerten eingesetzt werden können:
Körperliche Inventur
Bei der körperlichen Inventur werden alle physischen Vermögensgegenstände, wie Waren, Rohstoffe, Maschinen oder Büroausstattung, durch Zählen, Messen oder Wiegen erfasst. Dabei sollten alle Bestände exakt dokumentiert werden, um Fehler zu vermeiden. Typische Beispiele sind das Zählen von Lagerbeständen oder das Wiegen von Rohstoffen.
Buchinventur
Diese Methode wird verwendet, um immaterielle Vermögenswerte und Schulden zu erfassen, die nicht physisch gezählt werden können. Dazu gehören Bankguthaben, Forderungen, Verbindlichkeiten oder Patente. Diese Positionen werden anhand von Kontoauszügen, Rechnungen oder Verträgen dokumentiert.
Stichprobeninventur
Bei großen Beständen kann eine Stichprobeninventur durchgeführt werden. Hierbei werden nur ausgewählte Positionen gezählt und hochgerechnet, um den gesamten Bestand zu ermitteln. Diese Methode erfordert jedoch besondere statistische Verfahren und ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Permanente Inventur
Bei der permanenten Inventur wird der Bestand kontinuierlich im Laufe des Jahres erfasst und dokumentiert. Diese Methode erfordert ein lückenloses Bestandsführungssystem, das jederzeit den aktuellen Bestand anzeigt.
Hat man seinen Waren- und Vermögensbestand erfasst, geht es an die Aufstellung des Inventars. Hierbei handelt es sich um ein detailliertes Verzeichnis aller Vermögenswerte und Schulden des Unternehmens, das die Grundlage einer Bilanz bildet. Zentrale Bestandteile sind:
- Vermögensgegenstände (Anlagevermögen und Umlaufvermögen)
- Schulden (Verbindlichkeiten gegenüber Dritten)
- Reinvermögen bzw. Eigenkapital
2. Klassifizierung
Bei der Klassifizierung werden die aus der Inventur ermittelten Vermögenswerte und Schulden in die entsprechenden Bilanzpositionen „Aktiva“ und „Passiva“ eingeordnet. In diesem Schritt geht es mehr um die klare Aufstellung einer Struktur als um eine tatsächliche Bewertung. Diese folgt im nächsten Schritt:
3. Bewertung
Nach der Klassifizierung der Vermögenswerte und Schulden erfolgt die Bewertung, also die monetäre Quantifizierung der einzelnen Positionen. Wichtig ist, dass die Bewertung sogenannten „Bewertungsrichtlinien“ folgt, die sich aus dem Handelsgesetzbuch ergeben. Zu diesen gehören zum Beispiel:
- Anschaffungskostenprinzip: Bewertung erfolgt zu den Anschaffungskosten, z. B. Anschaffungskosten eines Arbeitslaptops: 650 Euro. Bei Anlagegütern bzw. langfristigen Vermögenswerten muss man zusätzlich eine Abschreibung vornehmen.
- Niederstwertprinzip: Vermögenswerte sind am Bilanzstichtag oft niedriger als am Tag der Anschaffung. Sie werden zu diesem niedrigeren Marktwert bilanziert.
- Höchstwertprinzip: Bei Schulden gilt das Höchstwertprinzip. Hat man im Geschäftsjahr zum Beispiel einen Kredit in Höhe von 200.000 Euro aufgenommen, davon aber bereits 50.000 Euro getilgt, muss man dennoch die ursprüngliche Kreditsumme in die Bilanz aufnehmen.
- Realisationsprinzip: Gewinne dürfen erst dann in der Bilanz ausgewiesen werden, wenn sie tatsächlich realisiert wurden, das heißt, wenn der Verkauf abgeschlossen und der Zahlungseingang sicher ist. Das bedeutet: Wurde eine Rechnung erst am 31.12. ausgestellt und die Forderung wird erst im Folgejahr beglichen, geht der Gewinn in die Bilanz des Folgejahres ein.
- Imparitätsprinzip: Verluste müssen bereits dann in der Bilanz erfasst werden, wenn sie absehbar sind, auch wenn sie noch nicht realisiert wurden. Dieses Prinzip dient der vorsichtigen Bewertung und verhindert eine Überbewertung des Unternehmensvermögens.
4. Aufstellung der Bilanz
Nach der Klassifizierung und Bewertung der Vermögenswerte und Schulden erfolgt die Aufstellung der Bilanz. Dabei werden die bewerteten Positionen auf der Aktiv- und Passivseite gegenübergestellt. Auch hier sollten Selbstständige, die zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet sind, ein paar Aspekte wissen und berücksichtigen:
Aktiva und Passiva
Die Bilanz ist immer in zwei Seiten gegliedert: Die Aktivseite (links) zeigt, wie das Kapital im Unternehmen verwendet wurde (Investitionen in Vermögenswerte), während die Passivseite (rechts) die Herkunft des Kapitals (Eigen- und Fremdkapital) darstellt. Die Summe der Aktiva muss immer der Summe der Passiva entsprechen, was durch die Bilanzgleichung Aktiva = Passiva sichergestellt wird. Diese Gleichheit ist ein grundlegendes Prinzip der doppelten Buchführung und stellt sicher, dass alle Geschäftsvorfälle korrekt erfasst wurden.
Formen der Bilanz
Es gibt unterschiedliche Darstellungsformen der Bilanz, je nach rechtlichen Vorgaben oder Unternehmensbedürfnissen. Die gängigste Form in Deutschland ist die Kontenform, bei der die Aktiva und Passiva nebeneinander dargestellt werden. Alternativ kann die Staffelform verwendet werden, bei der die Positionen untereinander aufgelistet werden.
Abschluss der Bilanz
Nach der Aufstellung erfolgt der Abschluss. Dabei werden die Summen der Aktiv- und Passivseite verglichen, um sicherzustellen, dass sie übereinstimmen. Sollte es Differenzen geben, müssen diese überprüft und korrigiert werden, bevor die Bilanz endgültig abgeschlossen wird.
Berichterstattung
Die fertige Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva wird Teil des Jahresabschlusses, der oft zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und dem Anhang veröffentlicht wird. Insbesondere für Kapitalgesellschaften ist es vorgeschrieben, den Jahresabschluss im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, damit er für die Öffentlichkeit zugänglich ist.
Beispiel einer Bilanz
Aktiva | Passiva |
---|---|
Anlagevermögen | Eigenkapital |
Sachanlagen 100.000 € | Gezeichnetes Kapital 150.000 € |
Finanzanlagen 50.000 € | |
Umlaufvermögen | Fremdkapital |
Vorräte 30.000 € | Verbindlichkeiten ggü. Kreditinstituten 50.000 € |
Forderungen 20.000 € | Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 10.000 € |
Bankguthaben 10.000 € | |
Summe Aktiva 210.000 € | Summe Passiva 210.000 € |
Fazit
Die Bilanz ist ein unverzichtbares Instrument für die finanzielle Analyse und Planung eines Unternehmens. Sie bietet nicht nur eine Momentaufnahme der Vermögens- und Schuldenlage, sondern auch die Grundlage für wichtige Entscheidungen und die Kommunikation mit externen Interessengruppen. Trotz der Herausforderungen bei der Erstellung bleibt die Bilanz ein wesentliches Element des Jahresabschlusses, das zur Transparenz und Stabilität eines Unternehmens beiträgt.
